Bewertungsvereinfachungsverfahren zur Ermittlung des Vorratsvermögens

Kerstin Stamer
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Bewertungsvereinfachungsverfahren | BuchhaltungsButler

Zu den Aufgaben der Buchhaltung gehört es auch, die Bewertung der einzelnen Bilanzposten vorzunehmen. Nicht immer ist es dabei möglich, dem allgemeinen Grundsatz der Einzelbewertung zu folgen. Hierfür finden sogenannte Bewertungsvereinfachungsverfahren Anwendung. Wir stellen in diesem Beitrag Verfahren vor, die es Unternehmen erlauben, ihr Vorratsvermögen mithilfe von vereinfachten Methoden zu bewerten. Hierzu erklären wir die unterschiedlichen Verfahren und zeigen anhand von Beispielrechnungen, wie sie angewendet werden.

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Welche Verfahren gibt es zur Bewertung von Vorräten?

Bewertungsvereinfachungsverfahren helfen, die Kosten von Roh- und Hilfsstoffen zu ermitteln. Während sich der Wert für Sachgüter des Anlagevermögens einfach anhand ihrer Anschaffungs– und Herstellungskosten ermitteln lässt, können verbrauchte Roh- und Hilfsstoffe oft nur schwer bewertet werden. Wird zum Beispiel ein Öltank unterjährig mehrfach befüllt, können die Kosten für den Verbrauch und Endbestand bei schwankenden Einkaufspreisen kaum ermittelt werden.

Für diese und ähnliche Fälle gibt es zulässige Verfahren, die von der Einzelbewertung abweichen. Sie werden als Bewertungsvereinfachungsverfahren bezeichnet. 

Zu ihnen gehören:

  • die Festwertmethode
  • die Durchschnittsmethode
    • das einfache Durchschnittsverfahren
    • das gleitende Durchschnittsverfahren
  • zeitliche Verbrauchsfolgeverfahren
    • FIFO-Methode (first in – first out)
    • LIFO-Methode (last in – first out)

Bis zur Änderung des §256 HGB zum 29.05.2009 war es außerdem zulässig, neben der zeitlichen auch eine kostenbasierte Verbrauchsfolge anzunehmen. Durch den Wegfall der Formulierung “oder in einer sonstigen bestimmten Folge” im Gesetzestext, entfällt diese Möglichkeit jedoch. Aus diesem Grund finden die HIFO-Methode (highest in – first out) sowie die LOFO-Methode (lowest in – first out) seitdem weder handels- noch steuerrechtlich Anwendung.

Für die Vorstellung der unterschiedlichen Bewertungsmethoden möchten wir ein Rechenbeispiel für alle Verfahren verwenden. Ein Rechenbeispiel für die Vorratsbewertung finden Sie in der nachstehenden Tabelle.

Bestandsveränderungen Stückzahl Euro / Stück Summe
Anfangsbestand (AB) 500 Stück 10€ / Stück 5.000€
Abgang 1 -200 Stück
Zugang 1 +500 Stück 9€ / Stück 4.000€
Abgang 2 -600 Stück
Schlussbestand (SB) 200 Stück

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Festwertmethode

Gemäß §240 (3) HGB ist es Unternehmen erlaubt, Verbrauchsgüter mit einem Festwert zu bewerten, sofern der Vorratsbestand nur geringen Veränderungen unterliegt und sein Gesamtwert für das Unternehmen von untergeordneter Bedeutung ist. Denkbar ist die Anwendung der Festwertmethode für die Bewertung von Geschirr im Hotelbetrieb, bei Rohstoffen wie Schrauben oder Nägel oder für Büro- und Geschäftsausstattung. Bei dieser Methode ist alle drei Jahre eine Inventur erforderlich, nach der die Festwerte ggf. angepasst werden können.

Durchschnittsmethode

Unternehmen können gleichartige Vermögensgegenstände des Vorratsvermögens sowie bewegliche Vermögensgegenstände und Schulden gem. §240 (4) HGB auch gruppieren und mit dem gewogenen Durchschnittswert bewerten.

Für die Vorratsbewertung bedeutet gleichartig:

  • gleicher Warengattung zugehörig
  • gleicher Verwendungszweck
  • etwa gleicher Wert

Für jede definierte Gruppe wird ein Durchschnittspreis berechnet, mit dem die jeweiligen Güter bewertet werden. Hierfür kommen das einfache und das gleitende Durchschnittsverfahren in Betracht.

Einfaches Durchschnittsverfahren

Wendet ein Unternehmen das einfache Durchschnittsverfahren an, erfolgt die Bewertung des Vorrats lediglich zum Ende des Wirtschaftsjahres. Der Gesamtwert des Anfangsbestands sowie der Zugänge wird hierbei durch die Gesamtmenge (Anfangsbestand + Zugänge) geteilt. Als Ergebnis erhält man den Durchschnittspreis je Mengeneinheit, welcher für die Bewertung von Schlussbestand und Wareneinsatz (WE) herangezogen wird. Als Wareneinsatz wird die Summe der Abgänge bezeichnet.

Beispielrechnung für das einfache Durchschnittsverfahren:

Summe AB + Zugänge (Wert) = 9.500€
Summe AB + Zugänge (Stück) = 1.000 Stück 

Durchschnittspreis = 9.500€ / 1.000 Stück = 9,50€

Der Wareneinsatz beträgt in unserem Beispiel 800 Stück. Multipliziert man ihn mit dem errechneten Durchschnittspreis, erhält man den Wert des Wareneinsatzes.

800 Stück x 9,50€ = 7.600€

Der Schlussbestand von 200 Stück wird ebenfalls mit dem Durchschnittspreis bewertet.

200 Stück x 9,50€ = 1.900€

Gleitendes Durchschnittsverfahren

Bei der Anwendung des gleitenden Durchschnittsverfahrens kann durch die Erfassung der einzelnen Abgänge ein genauerer Durchschnittspreis je Mengeneinheit ermittelt werden. Hier ist ein erhöhter Aufwand zur Datenpflege erforderlich. So müssen die einzelnen Abgänge genau aufgezeichnet und die durchschnittlichen Anschaffungskosten fortlaufend ermittelt werden. 

Arbeitsplatz, an dem Bewertungsvereinfachungsverfahren verwendet werden

Beispielrechnung für das gleitende Durchschnittsverfahren:

Durchschnittspreis 1 = 10 €

Sowohl der erste Abgang als auch der daraus folgende Lagerbestand 1 werden zunächst mit dem gegebenen Durchschnittspreis 1 in Höhe von 10€ bewertet. 

Nach dem Zugang 1 mit einem Stückpreis von 9€ ergibt sich für den Lagerbestand 2 folgender neuer 

Durchschnittspreis 2 = (300 Stück x 10€ + 500 Stück x 9 €) / (300 Stück + 500 Stück) = 9,38€.

Bei weiteren Zu- und Abgängen innerhalb eines Jahres würde man nach jedem Zugang einen neuen Durchschnittspreis berechnen.

Bestandsveränderungen Stückzahl Euro / Stück Summe
Anfangsbestand (AB) 500 Stück 10€ / Stück 5.000€
Abgang 1 -200 Stück 10€ / Stück 2000€
Lagerbestand 1 300 Stück 10€ / Stück 3.000€
Zugang 1 +500 Stück 9€ / Stück 4.500€
Lagerbestand 2 800 Stück 9,38€ / Stück 7.504€
Abgang 2 -600 Stück 9,38€ / Stück 5.628€
Schlussbestand (SB) 200 Stück 9,38€ / Stück 1.876€

Die Summe der bewerteten Abgänge ergibt den Wareneinsatz. In unserem Beispiel sind dies 7.628€.

Der hohe Aufwand für die lückenlose Erfassung und Fortschreibung der durchschnittlichen Anschaffungskosten sorgen dafür, dass dieses Verfahren in der Praxis wenig Anwendung findet. Und das, obwohl dieses Verfahren stets eine aktuelle Momentaufnahme zu den Kosten liefert.

Sammelbewertung

Für die Bewertung des Bestands sowie des Wareneinsatzes können auch verschiedene Verbrauchsfolgen angenommen werden. Sie unterscheiden sich nach dem zeitlichen Eintreffen der Ware im Lager. Folgende Annahmen können hierbei getroffen werden:

  • first in – first out (FIFO): Annahme, dass die zuerst angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände auch zuerst verbraucht werden 
  • last in – first out (LIFO): Annahme, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände zuerst verbraucht werden.

FIFO-Methode

Bei der Berechnung nach FIFO wird davon ausgegangen, dass die ältesten Bestände im Lager zuerst verbraucht werden. Eine Verbrauchsfolge, ähnlich wie bei einem Fließband oder einem Silo, wird hier angenommen. Die Bewertung erfolgt bei dieser Methode stets zum Ende des Wirtschaftsjahres.

Beispielrechnung für das FIFO-Verfahren:

Wir haben einen Wareneinsatz (WE) von 800 Stück. Den Wert des Wareneinsatzes berechnen wir, indem wir die Werte der ältesten Zugänge  ansetzen.

500 Stück x 10€ (vom AB) = 5.000€ 
300 Stück x 9€ (vom Zugang 1) = 2.700€

Wir erhalten einen Wert für den Wareneinsatz in Höhe von 7.700€.

Der Schlussbestand (SB) mit 200 Stück ergibt sich demzufolge aus den neuesten Zugängen. Um den Schlussbestand zu bewerten, müssen die Anschaffungspreise dieser Zugänge angesetzt werden.

200 Stück x 9€ (vom Zugang 1) = 1.800€

LIFO-Methode

Wird die LIFO-Methode im Unternehmen angewendet, so unterstellt man eine Verbrauchsfolge, bei der die zuletzt angeschafften Bestände das Lager als Erstes wieder verlassen. Vorstellbar ist dies bei einer Lagerhaltung, in der die Vorräte gestapelt werden und Entnahmen stets von den zuletzt hinzugefügten Zugängen erfolgen. Die Bestandsbewertung kann sowohl zum Ende der Periode (einfaches LIFO-Verfahren) als auch fortlaufend (laufendes LIFO-Verfahren) erfolgen.

Beispielrechnung für das einfache LIFO-Verfahren:

Den Wert des Wareneinsatzes von 800 Stück berechnen wir hier anhand der neuesten Zugänge.

500 Stück x 9€ = 4.500€
300 Stück x 10€ = 3.000€

Damit erhalten wir einen WE in Höhe von 7.500€

Der Wert des SB wird mit den Anschaffungspreisen der ältesten Zugänge berechnet.

200 Stück x 10€ (vom AB) = 2.000€

Der Wert des SB beträgt nach dem einfachen LIFO-Verfahren 2.000€.

so funktioniert die LIFO-Methode
Bestandsveränderungen Stückzahl Euro / Stück Summe
Anfangsbestand (AB) 500 Stück 10€ / Stück 5.000€
Abgang 1 -200 Stück 10€ / Stück 2.000€
Zugang 1 +500 Stück 9€ / Stück 4.500€
Abgang 2 -500 Stück 9€ / Stück 4.500€
Abgang 2 -100 Stück 10€ / Stück 1.000€
Schlussbestand (SB) 200 Stück 10€ / Stück 2.000€

Der Wareneinsatz ergibt sich aus der Summe der bereits bewerteten Abgänge. Er beträgt 7.500€. 

Anwendung & Zulässigkeit der Bewertungsvereinfachungsverfahren

Nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung gilt das Stetigkeitsprinzip. Demnach sind Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden der Vorjahre beizubehalten. Aus diesem Grund, und damit es nicht zu willkürlichen Bewertungen kommt, darf ein einmal angewandtes Verfahren nur nach sachlicher Begründung durch ein anderes ersetzt werden.

Weitere Einschränkungen bei der Wahl eines Bewertungsverfahrens ergeben sich durch ihre Zulässigkeit im Handels- und Steuerrecht:

  • Die Einzelbewertung sowie das Durchschnittsverfahren können im Handels- und im Steuerrecht zur Bewertung herangezogen werden. 
  • Bei der Sammelbewertung sind im Handelsrecht sowohl die FIFO- als auch die LIFO-Methode zulässig. 
  • Steuerrechtlich ist nur die LIFO-Methode zulässig. 

Bei der Zulässigkeit der Bewertungsvereinfachungsverfahren muss zudem beachtet werden, dass eine Methode nur zugelassen ist, wenn sie mit der tatsächlichen Verbrauchsfolge stimmig ist. So ist das LIFO-Prinzip bei verderblicher Ware unzulässig, weil keine Entnahme der zuletzt zugegangenen Bestände erfolgt.

Beachtung des Niederstwertprinzip bei der Anwendung von Bewertungsvereinfachungsverfahren

Für die Bewertung des Vermögens gilt das Niederstwertprinzip. Dies besagt, dass betriebliche Vermögensgegenstände bei der Aufstellung der Bilanz mit dem niedrigsten Wert einzusetzen sind, sofern mehrere Möglichkeiten bestehen. 

Eine Bewertung der Vorräte mit Anschaffungskosten, die höher als der aktuelle  Marktpreis sind, ist demnach nicht möglich. In diesem Fall ist der niedrigere, aktuelle Wert bei der Bewertung anzusetzen.

Fazit

Vorräte gehören zum Vermögen des Unternehmens und sind damit zum Bilanzstichtag zu bewerten. Die Ermittlung der Werte für Lagerbestände ist bei unterschiedlichen Einkaufspreisen von Vorräten jedoch nur mit hohem Aufwand möglich. Aus diesem Grund dürfen Unternehmen an dieser Stelle vom Grundsatz der Einzelbewertung abweichen und Bewertungsvereinfachungsverfahren in Anspruch nehmen. Unternehmen können bei der Bewertung mit Festwerten rechnen, Durchschnittswerte für den Lagerbestand ermitteln oder Verbrauchsfolgeverfahren anwenden. Hierbei gilt es zu beachten, dass nicht alle Verfahren sowohl im Steuer- als auch im Handelsrecht zulässig sind.

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FAQs

Welche Bewertungsvereinfachungsverfahren gibt es?

Bei der Bewertung des Vorratsvermögens kommen das Festwertverfahren, die Durchschnittsmethode oder Verbrauchsfolgeverfahren wie die FIFO-Methode oder LIFO-Methode zum Einsatz. Sie werden angewendet, wenn eine Einzelbewertung des Vermögens nicht oder nur schwer möglich ist.

Was ist die FIFO Methode?

Die FIFO-Methode ist ein zeitliches Verbrauchsfolgeverfahren, das bei der Bewertung des Umlaufvermögens angewendet werden kann. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die ältesten Zugänge zuerst verbraucht werden.

Was ist die LIFO Methode?

Bei der LIFO-Methode handelt es sich um ein zeitliches Verbrauchsfolgeverfahren, das bei der Bewertung des Umlaufvermögens zum Einsatz kommt. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die neuesten Zugänge zuerst verbraucht werden.

Was ist die HIFO Methode?

Die HIFO-Methode ist ein Verfahren der kostenorientierten Verbrauchsfolge. Hier wird angenommen, dass die teuersten Bestände zuerst verbraucht werden. Das Verfahren darf heute nicht mehr angewendet werden.

Was ist die LOFO Methode?

Die LOFO-Methode ist ein kostenorientiertes Verbrauchsfolgeverfahren. Dabei wird angenommen, dass die günstigsten Bestände zuerst verbraucht werden. Dieses Verfahren darf heute nicht mehr genutzt werden.

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