Abzinsung für Buchhalter: Rückstellungen und Verbindlichkeiten richtig bewerten

Susanne Woda
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Abzinsung für Buchhalter | BuchhaltungsButler

Die Abzinsung setzt man oft in der Investitionsrechnung oder Renditeberechnung ein, beispielsweise bei abgezinsten Sparbriefen. Auch Buchhalter sollten sich damit beschäftigen, denn Rückstellungen und Verbindlichkeiten sind bei der Bilanzierung unter bestimmten Voraussetzungen abzuzinsen. Was Abzinsung bedeutet, wie die Berechnung funktioniert und welche Bilanzpositionen handels- und steuerrechtlich abgezinst werden müssen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Auf- und abzinsen – was bedeutet das?

Die Begriffe Auf- und Abzinsung stammen aus der Finanzmathematik. Sie sind eine Methode der Zinseszinsrechnung, mit der man berechnen kann, welchen Wert ein heutiger Geldbetrag in der Zukunft oder welchen Wert eine zukünftige Zahlung in der Gegenwart hat. Denn: berücksichtigt man Zinsen, wird ein Geldbetrag, den ich heute in Händen halte, in ein paar Jahren mehr wert sein. Andersherum ist ein Geldbetrag, den ich erst in der Zukunft erhalte, wegen der Zinsen heute weniger wert.

Beim “Aufzinsen” bestimmt man, welchen Wert ein Geldbetrag in der Zukunft haben wird. Aus definiertem Anfangskapital, Zinsen und Laufzeit errechnet man das Endkapital. So kann man feststellen, welchen Erfolg beispielsweise eine Investition über einen bestimmten Zeitraum einbringt, wenn man einen bestimmten Zinssatz zugrunde legt. Oder welche Summe man zurückzahlen muss, wenn man heute einen Kredit zu aktuellen Zinskonditionen aufnimmt.

Abzinsen” muss man dagegen, um den heutigen Wert eines zukünftigen Geldbetrags zu berechnen. Gerechnet wird also genau andersherum. Aus dem gegebenen Endkapital, Zinssatz und der Laufzeit bestimmt man das Anfangskapital. So kann man beispielsweise berechnen, welchen Geldbetrag man heute zurücklegen muss, damit zu einem Zeitpunkt in der Zukunft eine bestimmte Summe zur Verfügung steht.

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Was bringt die Abzinsung?

Die Abzinsung ist ein wichtiges Instrument in der Wirtschaft. In der Investitionsrechnung ermittelt man damit den Gegenwartswert von Zahlungen, die zu verschiedenen Zeitpunkten in der Zukunft eingehen. Dadurch kann man diese besser untereinander vergleichen.

Die Methode dient beispielsweise dazu, um die Investition in Maschinen oder Grundstücke zu bewerten und verschiedene Szenarien für Cashflow und Gewinn zu vergleichen. Dazu ein Beispiel: Ein Unternehmen will einen Transporter anschaffen. Leider kommt es zu Lieferverzögerungen für das gewünschte Modell, das erst in einem Jahr verfügbar ist. Alternativ steht ein kleineres Modell zur Verfügung, das sofort einsetzbar wäre. Der größere Transporter verspricht höhere Gewinne in der Zukunft. Mit dem kleineren Transporter würde das Unternehmen dagegen geringere Gewinne realisieren, dafür aber sofort. Um zu entscheiden, welches wirtschaftlich die bessere Variante ist, werden diese erwarteten Gewinne bei beiden Varianten abgezinst. Auf diese Weise kann das Unternehmen deren Gegenwartswert objektiv vergleichen.

Bei der Bilanzierung kommt die Abzinsung bei Rückstellungen und Verbindlichkeiten zum Tragen. Hier dient sie dazu, diese zukünftigen Zahlungsverpflichtungen im Sinne der Bilanzwahrheit nach den Wertverhältnissen zum jeweiligen Bilanzstichtag zu bilanzieren. Wenn ein Bankkredit beispielsweise in 10 Jahren fällig ist und mit 50.000€ zurückzuzahlen ist, muss ein Unternehmen dafür heute nur einen geringeren Betrag zurücklegen. Wie viel das ist und welchen Betrag es in der Bilanz ansetzen muss, berechnet es mittels Abzinsung.

die Posten der Bilanz müssen Sie abzinsen

Wie Abzinsen funktioniert

Mit einer Formel zur Abzinsung lässt sich das Anfangskapital bei gegebenem Endkapital, Zinssatz und Laufzeit berechnen.

Formel zur Abzinsung

Um den heutigen Wert einer zukünftigen Zahlung, den sogenannten “Barwert”, zu berechnen, benötigt man den sogenannten “Abzinsungsfaktor”. Er wird mit dem Endwert multipliziert. Der Abzinsungsfaktor ist in der Regel kleiner als eins, sodass der Barwert niedriger ausfällt als der Endwert.

Barwert = Endwert  * Abzinsungsfaktor

Der Abzinsungsfaktor ergibt sich aus Zinssatz und Laufzeit und stellt durch den Zinseszinseffekt eine exponentielle Funktion dar. Je höher der Zinssatz oder je länger die Laufzeit, desto stärker reduziert sich das Anfangskapital.

Abzinsungsfaktor = 1 / (1+i)^t

Legende:
i = Zinssatz als Dezimalangabe (z. B. 0,01 statt 1%)
t = Zeit / Jahre

Daraus lässt sich die komplette finanzmathematische Formel für die Berechnung des Barwertes ableiten:

c0 = ct / (1+i)^t

Legende:
c0 = Barwert
ct = Endwert

In der Buchhaltung rechnet man für die Abzinsung der gesamten Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten zum Bilanzstichtag mit einem einheitlichen Zinssatz. Deswegen berechnen viele Unternehmen erst den jeweiligen Abzinsungsfaktor und zinsen die Positionen dann in einem “Rutsch” ab.

Beispiel für die Abzinsung

Ein Unternehmen möchte den Barwert einer in 5 Jahren fälligen Verbindlichkeit in Höhe von 10.000€ errechnen. Es setzt einen Zinssatz von 3% an.

c0 = 10.000 / (1+0,03)^5 = 8.626,09€

Um die Verbindlichkeit zu zahlen, müsste das Unternehmen heute also 8.626,09€ zurücklegen.

Welche Posten in der Buchführung abzuzinsen sind

In der Buchführung sind Verbindlichkeiten und Rückstellungen unter bestimmten Bedingungen abzuzinsen. Kredite oder Zahlungsverpflichtungen gegenüber Lieferanten und Kunden stellen zukünftige Zahlungsströme dar, deren Gegenwartswert unter Berücksichtigung von Zinsen ein anderer ist als zum Zahlungszeitpunkt. Sie sind deswegen besonders zu bewerten. Auch Rückstellungen, zum Beispiel für zukünftige Steuerzahlungen oder drohende Verluste, sind Verbindlichkeiten. Bei ihnen ist lediglich ungewiss, ob und in welcher Höhe sie gezahlt werden müssen.

Abzinsung von Verbindlichkeiten

Handelsrechtlich sind Verbindlichkeiten nicht abzuzinsen, da dies gegen das Realisationsprinzip verstoßen würde. Denn schließlich sind Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung bei Verbindlichkeiten bekannt.

Das Steuerrecht verlangt dagegen in §6 EStG Abs. 1 Nr. 3 die Abzinsung von unverzinsten Verbindlichkeiten, deren Laufzeit mindestens 12 Monate beträgt. Verbindlichkeiten, die auf Anzahlungen oder Vorauszahlungen basieren, sind davon ausgenommen. Unter die steuerrechtlich abzuzinsenden Verbindlichkeiten fallen übrigens nicht nur Geldverbindlichkeiten wie unverzinsliche Darlehen, sondern auch die Verpflichtung zu Sachdienstleistungen. Als Zinssatz sind 5,5% zugrunde zu legen.

Handels- und steuerrechtliche Unterschiede bei den Wertansätzen führen zu abweichenden Gewinnen in Steuer- und Handelsbilanz. Um die Ergebnisse der beiden anzupassen, setzt man aktive oder passive latente Steuern an.

Abzinsung von Rückstellungen

Auch Rückstellungen stellen bilanztechnisch Verbindlichkeiten, also zukünftige Zahlungsverpflichtungen dar. Im Gegensatz zu Verbindlichkeiten sind Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung jedoch unbekannt.

Seit Einführung des Bilanzmodernisierungsgesetzes (BilMoG) gilt handelsrechtlich für Rückstellungen mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr ein Abzinsungsgebot (§ 253 Abs. 1 HGB). Sie werden mit ihrem Erfüllungsbetrag angesetzt, der sich aus der vernünftigen kaufmännischen Beurteilung der Position ergibt. Dieser ist entsprechend der Restlaufzeit, also der erwarteten Auflösung, mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz abzuzinsen. Für Altersvorsorgerückstellungen (Pensionsrückstellungen) sind 10 Jahre und für sonstige Rückstellungen 7 Jahre anzusetzen. Die gültigen Abzinsungssätze werden von der Deutschen Bundesbank monatlich ermittelt und veröffentlicht.

Das sind die Auswirkungen der Abzinsung

Steuerrechtlich ist in der Regel ein anderer Betrag auszuweisen. Hier sind die Grundsätze für die Abzinsung analog anzuwenden und Rückstellungen einer Laufzeit ab 12 Monaten sind mit 5,5% abzuzinsen. Die Abzinsung erfolgt nicht bei Rückstellungen 

  • mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten
  • in Zusammenhang mit Vorausleistungen und
  • der eine verzinsliche Verbindlichkeit zugrunde liegen.

Garantie- und Gewährleistungsrückstellungen können als Einzel- oder Pauschalrückstellung gebildet werden. Als Einzelrückstellungen müssen Garantie- und Gewährleistungsansprüche nach den oben genannten Regelungen abgezinst werden. Bei Pauschalrückstellungen muss laut BMF aus Vereinfachungsgründen keine Abzinsung erfolgen.

Fazit: Die Abzinsung ist ein wichtiges buchhalterisches Element

Die Abzinsung ist eine Form der Zinseszinsrechnung, die man viel in der Investitionsrechnung oder bei Kapitalanlagen verwendet. Indem man den heutigen Wert von zukünftigen Geldzahlungen berechnet, lassen sich diese leichter vergleichen. Auch Buchhalter müssen abzinsen können, um den Gegenwartswert von Verbindlichkeiten und Rückstellungen zu berechnen und diese in der Steuer- und Handelsbilanz zu erfassen.

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FAQs

Was bedeutet Abzinsung?

Unter Abzinsung versteht man ein finanzmathematisches Verfahren, um das Anfangskapital bei gegebenem Endkapital, Zinssatz und Laufzeit zu berechnen. In der Buchführung bewertet man auf diese Weise Verbindlichkeiten und Rückstellungen für die Bilanzierung.

Wie berechnet man die Abzinsung?

Man zinst ab, indem man das Endkapital mit dem Abzinsungsfaktor multipliziert. Dieser ergibt sich aus Zinssatz und Laufzeit und ist bei positiven Zinsen kleiner als eins.

Welche Rückstellungen müssen abgezinst werden?

Handels- und steuerrechtlich müssen Rückstellungen mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr abgezinst werden (§ 253 Abs. 1 HGB). Steuerrechtlich sind zudem Rückstellungen, die nicht in Zusammenhang mit Vorausleistungen stehen und denen keine verzinslichen Verbindlichkeiten zugrunde liegen, abzuzinsen.

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