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Stille Reserven in der Bilanz | BuchhaltungsButler
Stille Reserven sind ein wichtiges Instrument in der Bilanzierung, mit dem Unternehmen ihre Steuerlast regulieren können. Sie dienen zudem als Rücklage für schlechte Zeiten, bleiben außenstehenden Bilanzlesern aber meist verborgen. Das birgt allerdings die Gefahr, dass sie auch dem Unternehmer selbst nicht bewusst sind und ihn die Steuerzahlung bei der Auflösung stiller Reserven unvorbereitet trifft. Der richtige Umgang mit stillen Reserven ist für Unternehmer deswegen von besonderer Bedeutung.
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Was sind stille Reserven?
Stille Reserven stellen die positive Differenz zwischen dem Eigenkapital und den tatsächlich vorhandenen Vermögenswerten dar. Sie entstehen aus Bewertungsspielräumen, die das Handelsrecht bilanzierungspflichtigen Unternehmen bei der Bewertung ihres Vermögens und ihrer Schulden einräumt. Dabei werden Positionen mit einem Buchwert ausgewiesen, der niedriger ist als der eigentliche Marktwert. Diese Differenz wird als stille Reserve bezeichnet. Unternehmen, die stille Reserven bilden, verfügen über höhere Vermögenswerte oder geringere Schulden, als aus der Bilanz direkt ersichtlich ist. Die Vermögenslage scheint dadurch für Außenstehende schlechter, als sie tatsächlich ist.
Für Unternehmen haben stille Reserven eine große Bedeutung, denn sie können damit ihre Steuerlast senken. Das Bilden stiller Reserven führt zu einem höheren Aufwand bzw. kleinerem Ertrag für das Unternehmen. Die Steuern werden zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich bei Auflösung der stillen Reserven, fällig. Die Gewinnverschiebung ist also nur temporär.
Unternehmen, die eine aktive Bilanzpolitik betreiben, bilden in gewinnträchtigen Jahren stille Reserven und senken damit ihre Steuerlast. Werden die stillen Reserven aufgelöst, so können damit Liquiditätsengpässe ausgeglichen oder ein Verlustausweis vermieden werden. Gerade bei Kapitalgesellschaften sind stille Reserven üblich. Sie ermöglichen eine kontinuierliche Dividendenpolitik, die Vertrauen bei Aktionären und Fremdkapitalgebern schafft.
Stille Reserven sind nicht im Jahresabschluss zu erkennen. Ihr Wert ergibt sich aus dem Vergleich mit der internen Bilanz. Diese muss realistische Werte enthalten, um die Geschäftsführung über die tatsächliche Lage des Unternehmens zu informieren. In der externen Bilanz werden dagegen oft niedrigere Werte angesetzt.
Stille Reserven sind keine offenen Rücklagen
Für Unternehmen stellen stille Reserven eine verdeckte Kapitalrücklage dar, die genauso wie die Kapital- und Gewinnrücklagen das Eigenkapital des Unternehmens stärkt und die finanzielle Stabilität als Existenzsicherung erhöht. Bilanztechnisch gibt es jedoch einen wichtigen Unterschied: Die offenen Rücklagen stellen gesonderte Konten des Eigenkapitals dar und sind in der Bilanz ausgewiesen.
Stille Reserven tauchen dagegen weder als Posten in der Bilanz auf, noch gibt es für sie ein Buchungskonto. Sie schlummern in Form von Bewertungsdifferenzen in einzelnen Positionen auf der Aktiv- und Passivseite der Bilanz und werden meist erst bei ihrer Auflösung sichtbar.
So entstehen stille Reserven
Stille Reserven ergeben sich durch verschiedene Bilanzierungsvorschriften und -wahlrechte. Diese können entweder zu einer
- Unterbewertung von Vermögenswerten (Aktiva) oder
- Überbewertung von Schulden (Passiva) führen.
Verbleibt beispielsweise ein Vermögensgegenstand nach Ablauf der Nutzungsdauer innerhalb des Unternehmens, so wird dieser mit einem Buchwert, dem sogenannten Erinnerungswert, in Höhe von 1€ weiterhin bilanziert. Der Zeitwert, also der tatsächliche Wert, des Vermögensgegenstandes kann aber durchaus höher sein.
Stille Reserven zu bilden ist also in begrenztem Ausmaß erlaubt – vorausgesetzt, Unternehmen halten sich an die gesetzlichen Bewertungsvorschriften.
Das Gegenteil von stillen Reserven sind stille Lasten. Sie entstehen, wenn Unternehmen ihre Vermögensgegenstände zu hoch oder Schulden zu niedrig ansetzen. Anders als stille Reserven sind stille Lasten nicht zulässig.
Arten stiller Reserven
Je nachdem, wie stille Reserven entstehen, unterscheidet man zwischen vier verschiedenen Arten:
- Zwangsreserven: Sie entstehen gewissermaßen automatisch, wenn Unternehmen sich an die gesetzlich vorgeschriebenen Höchstbewertungsvorschriften oder Aktivierungsverbote halten. Beispiel: Immobilien, die im Wert gestiegen sind, aber mit ihren Anschaffungskosten als Wertobergrenze in der Bilanz geführt werden müssen.
- Dispositionsreserven: Entstehen, wenn Unternehmen Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte anwenden und sich damit bewusst für die Bildung stiller Reserven entscheiden. Beispiel: Ein Unternehmen verkauft ein selbst geschaffenes Patent, das es bisher nicht bilanziert hatte.
- Ermessensreserven (Schätzungsreserven): Sie entstehen dort, wo Unternehmen Wertansätze schätzen dürfen und die Bewertung zu vorsichtig vorgenommen haben. Beispiel: Rückstellungen wurden zu hoch geschätzt, der tatsächliche Verlust fällt geringer aus.
- Willkürreserven: Sie entstehen, wenn Unternehmen Wertansätze entgegen der Bilanzierungsvorschriften oder -prinzipien vornehmen, um die Ertragslage des Unternehmens zu beschönigen. Willkürreserven sind nicht zulässig.
Darüber hinaus können aber auch äußere Einflüsse wie die Inflation oder ganz triviale Kalkulationsfehler zu stillen Reserven führen.
Auch wenn es verlockend klingt: Es ist nicht ratsam, es mit der Bildung stiller Reserven zu übertreiben. Stille Reserven sind in gewissem Rahmen zwar erlaubt, doch sie verstoßen gleichzeitig auch gegen das Gebot der Bilanzwahrheit und -klarheit.
Stille Reserven bilden
Das HGB sieht eine Vielzahl von Möglichkeiten vor, stille Reserven zu bilden. Die wichtigsten stellen wir hier beispielhaft zusammen.
Stille Reserven auf der Aktivseite
Abschreibungen: Hier entstehen stille Reserven durch den Unterschied zwischen der nach AfA vorgeschriebenen und der tatsächlichen Nutzungsdauer. Wirtschaftsgüter, die bereits abgeschrieben sind, aber weiter im Unternehmen genutzt werden, verbleiben mit einem Erinnerungswert von 1€ in der Bilanz. Liegt der Marktwert darüber, entsteht eine stille Reserve. Dies ist auch bei geringwertigen Wirtschaftsgütern der Fall, die sofort abgeschrieben und weiter genutzt werden.
Wertpapiere: Als Gegenstände des Umlaufvermögens werden Wertpapiere mit ihren Anschaffungskosten angesetzt. Steigt ihr Marktwert, entsteht eine stille Reserve.
Warenbestände: Selbst erstellte Erzeugnisse sind nach dem Vorsichtsprinzip mit ihren Herstellungskosten zu bewerten. Beim Ansatz der Gemeinkosten gibt es jedoch Spielräume. Werden nicht alle umlagefähigen Gemeinkosten einbezogen, kann sich eine Differenz zwischen Buchwert und Marktwert und damit eine stille Reserve ergeben.
Immobilien: Als Gegenstände des Anlagevermögens dürfen Immobilien nur mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden. Dies gilt auch, wenn die Immobilienpreise steigen. Liegt der tatsächliche Marktwert über dem Buchwert, entsteht eine stille Reserve.
Selbst erstellte immaterielle Vermögenswerte: Für einige selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände wie z. B. Software oder Patente haben Unternehmen ein Aktivierungswahlrecht. Wenn diese nicht in der Bilanz aufgenommen werden, sie aber einen Marktwert haben, entsteht eine stille Reserve. Für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte oder Kundenlisten ist die Aktivierung dagegen nicht zulässig. Dadurch, dass sie nicht im Anlagevermögen vermerkt werden, bilden Unternehmen eine Zwangsrücklage.
Wertberichtigungen auf Forderungen: Forderungen sind mit dem Wert anzusetzen, mit dem sie wahrscheinlich realisiert werden. Das Ausfallrisiko wird mit Einzel– und Pauschalwertberichtigungen berücksichtigt. Fallen weniger Forderungen aus, als kalkuliert wurde, entstehen stille Reserven.
Stille Reserven auf der Passivseite
Stille Reserven auf der Passivseite der Bilanz haben vor allem einen Grund: Rückstellungen. Egal ob für Garantiefälle oder drohende Verluste: Oft lässt sich die Höhe von Rückstellungen nicht einfach beziffern und Unternehmer müssen schätzen, welche zukünftigen Ausgaben auf sie zukommen könnten. Fallen die tatsächlichen Kosten später niedriger aus als erwartet, liegt eine stille Reserve vor. Dass eine Überbewertung vorlag und in welcher Höhe, wird erst klar, wenn die Rückstellung aufgelöst wird.
Stille Reserven auflösen
Stille Reserven können sich im Laufe der Zeit ganz von selbst auflösen, zum Beispiel wenn
- zu niedrig bewertete Vermögensgegenstände entnommen oder verkauft werden,
- Schulden zurückgezahlt werden,
- Wirtschaftsgüter sich abnutzen, oder
- Marktwerte sinken.
Unternehmen können stille Reserven in der Bilanz aber auch bewusst auflösen, indem sie den Buchwert von Bilanzpositionen allmählich angleichen oder deren Wertansatz korrigieren. Aktiva werden dann auf- und Passiva abgewertet. Einige stille Reserven werden jedoch nie aufgelöst. Das ist zum Beispiel bei der selbst genutzten Immobilie des Unternehmens der Fall, insofern sie nicht verkauft wird.
Der Wert stiller Reserven wird meist erst ersichtlich, wenn diese aufgelöst werden. Dabei entsteht ein Gewinn, den das Unternehmen versteuern muss. Unternehmer sollten ihre schlummernden Reserven also gut kennen, sonst können sie zu unvorhergesehenen Gewinne und zeitlich ungünstigen Steuerzahlungen führen.
Fazit: Legale Steuerverschiebung
Unternehmen bilden stille Reserven automatisch dort, wo Bewertungsspielräume bei der Bilanzierung entstehen. In bestimmten Fällen können sie auch ganz bewusst stille Rücklagen bilden, nämlich dann, wenn das Handelsrecht Wahlrechte gewährt. Durch die Bildung stiller Reserven entstehen temporäre Steuervorteile, die in ertragsschwachen Jahren wieder rückgängig gemacht werden können. Für Unternehmen sind stille Reserven deswegen ein wichtiges Mittel, mit dem sie auf legalem Weg ihre Steuerlast besser auf verschiedene Jahre verteilen können.
FAQs
Was versteht man unter stillen Reserven?
Stille Reserven sind verdeckte Rücklagen, die durch Bewertungsunterschiede entstehen. Im Gegensatz zu offenen Reserven sind sie weder auf speziellen Konten noch in der Bilanz zu finden und sind deswegen für Außenstehende unsichtbar. Stille Reserven “verstecken” sich in einzelnen Bilanzpositionen und werden oft erst bei ihrer Auflösung erkennbar.
Wie erkenne ich stille Reserven?
Stille Reserven lassen sich nicht aus dem Jahresabschluss erkennen und bleiben für Außenstehende meist unsichtbar. Sie ergeben sich aus dem tatsächlichen Vermögen aus der internen Bilanz und den in der externen Rechnungslegung angegebenen Werten.
Wann gibt es stille Reserven?
Stille Reserven entstehen entweder durch eine Unterbewertung von Vermögensgegenständen oder eine Überbewertung von Schulden. Das ist zulässig, solange sich Unternehmen an die Bilanzierungsvorschriften des HGB halten.
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