Gliederung
Herstellungskosten berechnen | BuchhaltungsButler
Das HGB schreibt genau vor, wie Unternehmer ihre Vermögen und Schulden beim Jahresabschluss zu bewerten haben. Diese Bewertung bildet die Grundlage dafür, wie hoch die Abschreibung ausfällt. Erworbene Vermögensgegenstände werden mit ihren Anschaffungskosten angesetzt, aber wie können eigene Erzeugnisse wie selbst entwickelte Maschinen, für den Eigenbedarf genutzte Erzeugnisse oder selbst gebaute Immobilien angesetzt werden? In diesem Beitrag erfahren Sie, was Herstellungskosten sind, was dazu zählt und wie Sie die Herstellungskosten berechnen.
Grundlagen der Buchhaltung
Gratis Webinar76% schnellere Buchhaltung
Gratis testenHerstellungskosten können aus vielen einzelnen Komponenten bestehen. Mit BuchhaltungsButler buchen Sie diese ganz einfach mit Hilfe von Kostenstellen.
Hier ausprobieren
Was Herstellungskosten sind
Buchführungspflichtige Unternehmen müssen Vermögensgegenstände aus dem Umlauf- und Anlagevermögen mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten in der Bilanz ansetzen. Dieser Wert ist Grundlage für die Abschreibungen. Während erworbene Güter mit Anschaffungskosten aktiviert werden, sind selbst erstellte Güter mit ihren Herstellungskosten zu bilanzieren (§ 253 HGB).
Selbst erstellt bedeutet, dass die Vermögensgegenstände ganz oder teilweise im eigenen Betrieb produziert wurden. Genau genommen zählen dazu
- Neuschaffungen,
- Erweiterungen,
- wesentliche Verbesserungen über den ursprünglichen Zustand hinaus und
- erhebliche Wesensänderungen von Gütern.
Die Aufwendungen, die dabei entstehen, zählen zu den Herstellungskosten. Das sind zum Beispiel der Verbrauch von Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffen oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen.
Herstellungskosten können übrigens auch nachträglich entstehen, zum Beispiel bei der Instandsetzung eines abgenutzten oder verbrauchten Vermögensgegenstands sowie bei Verbesserungen und Wesensänderungen von Gütern.
Exkurs: Herstellkosten oder Herstellungskosten?
Die beiden Begriffe ähneln sich, man sollte sie aber nicht verwechseln. Sie stammen aus zwei verschiedenen Bereichen des Rechnungswesens und führen zu unterschiedlichen Berechnungsergebnissen.
Die Berechnung der Herstellungskosten erfolgt im externen Rechnungswesen. Herstellkosten sind dagegen ein Begriff aus dem internen Rechnungswesen. Auf ihrer Grundlage kalkuliert ein Unternehmen seine Verkaufspreise und berechnet die Produktrentabilität.
Sowohl Herstellkosten als auch Herstellungskosten umfassen Material- und Fertigungskosten, die entstehen, bis das Produkt auslieferungsbereit ist. Verwaltungskosten dürfen bei den Herstellkosten jedoch nicht berücksichtigt werden. Dafür können diese jedoch kalkulatorische Kosten enthalten, welche in der Bilanzierung nicht angesetzt werden dürfen.
Was alles zu den Herstellungskosten zählt
Im Handelsrecht gibt es Pflichtbestandteile, die als Herstellungskosten angesetzt werden müssen. Aus ihnen ergibt sich der Mindestwert, den ein Unternehmen ansetzen muss. Darüber hinaus besteht bei einigen Aufwendungen ein Aktivierungswahlrecht oder ein Aktivierungsverbot (§ 255 HGB).
Die Wahlrechte sind besonders wichtig für Unternehmer, denn sie bieten bilanziellen Gestaltungsspielraum. Je nach Unternehmensziel und Gewinnsituation kann es vorteilhaft sein, in manchen Jahren höhere Herstellungskosten anzusetzen in anderen Jahren niedrigere.
Pflichtbestandteile (§ 255 Abs. 2 Satz 2 HGB)
Materialkosten: Dies sind alle direkt oder indirekt für die Produktion benötigten Güter wie Kosten für Rohmaterial, Betriebs- und Hilfsstoffe. Auch Paletten oder Aufbewahrungsboxen, auf bzw. in denen die benötigten Materialien gelagert werden, gehören dazu.
Fertigungskosten: Das sind Arbeitskosten, die im Betrieb selbst oder bei Dienstleistern anfallen. Dazu zählen bspw. Kosten für die Anlieferung im Betrieb. Auslieferungskosten sind dagegen Vertriebskosten und zählen nicht zu den Herstellungskosten (s.u.).
Sonderkosten der Fertigung: Hier sind Aufwendungen, die pro Auftrag oder Charge für die individuelle Fertigung anfallen, gemeint. Dazu zählen bspw. Werkzeugkosten, Patente, Materialanalysen, Kosten für Modelle und Schablonen oder Sonderanfertigungen.
Angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten: Das sind bspw. Versorgungskosten für Strom und Wasser, Miete, Ausrüstungs- oder Servicekosten, die in den Fertigungszeitraum fallen.
Fertigungsbedingter Werteverzehr des Anlagevermögens: Auch Abschreibungen auf Vermögensgegenstände, die bei der Fertigung genutzt werden, dürfen angerechnet werden.
Einzel- und Gemeinkosten sind manchmal nicht leicht auseinanderzuhalten. Um Einzelkosten handelt es sich, wenn Kosten mit einer konkreten Menge und einem konkreten Wert einem einzelnen Kostenträger (Produkt, Produktgruppe, Geschäftssparte, Abteilung oder Kostenstelle) zugeordnet werden können. Gemeinkosten entstehen übergreifend und lassen sich nicht direkt zuordnen. Sie müssen den einzelnen Kostenstellen über einen Verteilungsschlüssel zugewiesen werden.
Wahlbestandteile (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB)
Indem Unternehmen die Wahlrechte in Anspruch nehmen, können sie erfolgswirksamen Aufwand in die Zukunft verschieben. Denn, wenn sie diese Bestandteile als Herstellungskosten aktivieren, kommen sie nicht sofort als Betriebsausgabe zum Abzug, sondern erst mit der Abschreibung im Laufe der Nutzungsdauer. In einem Jahr mit niedrigem Gewinn kann es also vorteilhaft sein, die Wahlbestandteile in die Herstellungskosten einzubeziehen. In einem gewinnträchtigen Jahr würde man sie eher nicht aktivieren und stattdessen vollständig als Aufwand buchen.
Kosten der allgemeinen Verwaltung: Dazu gehören beispielsweise Aufwendungen für die Geschäftsleitung, Einkauf und Wareneingang, Betriebsrat, Personalbüro, Nachrichtenwesen, Ausbildung und Rechnungswesen.
Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs: Darunter fallen Angebote, die das Unternehmen seinen Mitarbeitern kostenlos oder vergünstigt anbietet, also z. B. Werkskantinen, Betriebsarzt, betriebliche Sportangebote, Kindergärten, Parkflächen, Werkstransport oder auch vermögenswirksame Leistungen.
Freiwillige soziale Aufwendungen: Solche Leistungen sind nicht arbeitsvertraglich oder tariflich vereinbart und können z. B. Jubiläumsgeschenke, eine Ergebnisbeteiligung der Mitarbeiter oder Weihnachtszuwendungen umfassen.
Kosten für die betriebliche Altersversorgung: Das sind Beiträge zu Direktversicherungen, Pensions- und Unterstützungskassen, Pensionsfonds sowie Pensionsrückstellungen.
Die genannten Kosten können in angemessenem Umfang und nur soweit sie auf den Herstellungszeitraum entfallen, in die Herstellungskosten einbezogen werden.
Zinsen auf Fremdkapital
Bei Zinsen auf Fremdkapital macht der Gesetzgeber eine Ausnahme: Sie dürfen als Herstellungskosten angesetzt werden, sofern das Fremdkapital dazu dient, einen Vermögensgegenstand herzustellen (§ 255 Abs. 3 HGB). Hier besteht also ebenfalls ein Wahlrecht.
Aktivierungsverbot für Forschungs- und Vertriebskosten
Nach § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB dürfen Vertriebskosten keinesfalls in die Herstellungskosten eingerechnet werden. Dazu zählen alle Aufwendungen, die für den Verkauf des Produkts entstehen. Das heißt konkret: Kosten für die Produktwerbung, die Bezahlung von Vertriebsmitarbeitern bzw. Vertretern, Kosten für Verpackung, Fracht und Zoll sind Vertriebskosten und zählen nicht zu den Herstellungskosten.
Ein weiteres Verbot ergibt sich bei selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenständen. Forschungskosten dürfen hier nicht in die Herstellungskosten einfließen. Unter “Forschung” versteht man die eigenständige und planmäßige Suche nach neuen wissenschaftlichen und technischen Erkenntnissen. Wichtig dabei ist, dass in diesem Stadium die technische Verwertbarkeit bzw. die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten noch unbekannt sind. Im Gegensatz dazu ist “Entwicklung”, wenn man diese Forschungsergebnisse für das Schaffen neuer oder verbesserter Güter bzw. Verfahren verwendet.
Achtung: Entwicklungskosten müssen aktiviert werden. Das gilt allerdings nur, wenn sich diese eindeutig von der Forschung abgrenzen lassen.
Tobias Wewers
Steuerberater bei Wewers GmbH & Co KG Steuerberatungsgesellschaft
Tobias Wewers ist Steuerberater, Betriebswirt (VWA), DVCT-zertifizierter Business Coach, Business Trainer, Mediator sowie Organisationsaufsteller. Seine digitale Steuer- und Unternehmensberatung Steuerberater Wewers begleitet kleine und mittelständische Unternehmen bei ihrer betriebswirtschaftlichen Planung, Führung und Steuerung und berät sie zu steuerlichen Themen sowie zur Lohnoptimierung und Jahresabschlüssen.
Herstellungskosten berechnen
Um die Herstellungskosten zu ermitteln, greift man auf die Zahlen aus der Kostenrechnung zurück. Deswegen ist es wichtig, diese bereits dort so aufzugliedern, dass man sie direkt weiterverwenden kann.
Anhand der Pflicht- und Wahlbestandteile nach HGB ergibt sich eine Mindestgrenze für die Herstellungskosten, die das Unternehmen ansetzen muss, und eine Obergrenze, die es höchstens ansetzen darf.
Formel für die Berechnung der Herstellungskosten
Materialeinzelkosten
+ Fertigungseinzelkosten
+ Sondereinzelkosten der Fertigung
+ angemessene Teile der Materialgemeinkosten
+ angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten
+ fertigungsbedingter Werteverzehr des Anlagevermögens
= Untergrenze für die Herstellungskosten nach HGB (Pflichtbestandteile)
+ Kosten der allgemeinen Verwaltung
+ Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs
+ Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen
+ Aufwendungen für betriebliche Altersversorgung
+ Zinsen für herstellungsbezogenes Fremdkapital
= Obergrenze für Herstellungskosten nach HGB (Pflichtbestandteile + Wahlbestandteile)
Herstellungskosten abschreiben
Der Werteverzehr langlebiger Vermögensgegenstände muss über mehrere Jahre verteilt abgeschrieben werden. Das gilt auch für eigene Erzeugnisse. Die Abschreibung führt dazu, dass Teile des Aufwands erst in der Zukunft verbucht werden und den Unternehmensgewinn schrittweise und nicht auf einen Schlag mindern.
Damit es dabei nicht zu Verwirrung kommt, müssen Unternehmer Herstellungsaufwand, Erhaltungsaufwand und anschaffungsnahen Aufwand genau auseinanderhalten.
Herstellungskosten entstehen, wenn Güter neu geschaffen, erweitert, wesentlich verbessert oder in ihrem Wesen verändert werden. Sie sind zu aktivieren und über die Laufzeit hinweg abzuschreiben. Instandsetzungen oder Erneuerungen gelten als Erhaltungsaufwand und sind sofort als Betriebsausgaben abzuziehen.
Im Steuerrecht können auch Aufwendungen für Modernisierung und Instandsetzung als Herstellungskosten abgeschrieben werden, wenn sie in den ersten drei Jahren nach der Anschaffung entstehen und (ohne Umsatzsteuer) mehr als 15% der gesamten Anschaffungskosten betragen. Man spricht dann von anschaffungsnahen Aufwendungen.
Praxisbeispiel: Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand
Ein Unternehmen kauft eine Maschine. Ein paar Jahre später baut es diese so um, dass sie statt einer künftig zwei Produkte gleichzeitig fertigen kann. Da Erweiterung zu einer wesentlichen Verbesserung führt, können die Aufwendungen als Herstellungskosten über mehrere Jahre abgeschrieben werden. Geht die Maschine dagegen kaputt, gelten die Reparaturkosten als Erhaltungsaufwand und sind sofort erfolgswirksam zu verbuchen.
Herstellungskosten im Steuerrecht
Die Herstellungskosten werden im Handels- und Steuerrecht anhand derselben Posten ermittelt. Im Steuerrecht spricht man jedoch von Wirtschaftsgütern statt von Vermögensgegenständen.
Grundsätzlich gelten im Steuerrecht dieselben Pflichtbestandteile für die Ermittlung der Herstellungskosten. Jedoch verlangt das BMF nach dem Prinzip der Maßgeblichkeit eine übereinstimmende Handhabung. Hat ein Unternehmen also beispielsweise von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und die Fremdkapitalzinsen bei den Herstellungskosten in der Handelsbilanz angesetzt, muss es dies auch in der Steuerbilanz tun.
Fazit: Herstellungskosten sind wichtiges Gestaltungselement
Anders als erworbene Vermögensgegenstände setzt man selbst erstellte Vermögensgegenstände mit ihren Herstellungskosten in der Bilanz an (immaterielle Vermögensgegenstände dürfen aber nicht in jedem Fall aktiviert werden). Die Kosten zu ermitteln ist etwas aufwendiger, da die benötigten Zahlen aus der Kostenrechnung stammen und vorher aufbereitet werden müssen. Wahlrechte bieten Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Herstellungskosten. Dadurch lassen sich bestimmte Teile der Gemeinkosten in die Zukunft verschieben.
FAQs
Was gehört alles zu den Herstellungskosten?
Zu den Herstellungskosten gehören Material- und Fertigungseinzelkosten, Sonderkosten der Fertigung, angemessene Teile der Material- und Fertigungsgemeinkosten sowie der fertigungsbedingte Werteverzehr von Anlagevermögen. Verwaltungskosten, Aufwendungen für soziale Einrichtungen, freiwillige soziale Leistungen, die betriebliche Altersvorsorge und Zinsen sind Wahlbestandteile.
Wie berechnet man die Herstellungskosten?
Die Herstellungskosten berechnen sich aus den bestimmten Pflicht- und Wahlbestandteilen, wie sie § 255 Abs. 2 HGB vorschreibt. Daraus ergibt sich eine Untergrenze, die ein Unternehmen mindestens ansetzen muss, und eine Obergrenze, die es höchstens ansetzen darf.
Was ist der Unterschied zwischen Herstellkosten und Herstellungskosten?
Die Begriffe stammen aus zwei verschiedenen Bereichen des Rechnungswesens. Da sie die Produktion aus verschiedenen Sichtweisen betrachten, führen sie zu unterschiedlichen Berechnungsergebnissen. Im Gegensatz zu Herstellungskosten dürfen Herstellkosten keine Verwaltungskosten berücksichtigen. Kalkulatorische Kosten können dagegen enthalten sein.
76% schnellere Buchhaltungssoftware
Gratis testenOder nehmen Sie an einer Einführung in BuchhaltungsButler teil.
Unverbindlich. Schnell. Kostenfrei.
Termin auswählen