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Prokura: Definition, Bedeutung und Arten | BuchhaltungsButler
Die Prokura ist eine bewährte Möglichkeit für Unternehmer, ihre Vertretungsmacht rechtssicher zu delegieren. Sie ermöglicht es anderen Personen, wichtige betriebliche und unternehmerische Entscheidungen zu treffen und den Inhaber eines Unternehmens bei der Geschäftsführung zu entlasten. In diesem Beitrag werfen wir einen genaueren Blick darauf, was eine Prokura ist, welche Arten von Prokura es gibt und welche Vorteile und Risiken es gibt.
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Definition und Bedeutung
Die Prokura ist eine umfassende Vertretungsvollmacht im Handelsrecht. Sie ermächtigt eine Person, Rechtsgeschäfte in allen Bereichen für ein Unternehmen abzuschließen. Sie räumt den Bevollmächtigten weitreichende Befugnisse ein, die denen der Geschäftsführung gleichkommen. Prokura wird daher meist an Führungspersonal oder besonders vertrauenswürdige Personen erteilt.
Die Prokura ist im Handelsgesetzbuch geregelt (§ 48 bis § 53 HGB). Die Vorschriften können durch die Bestimmungen des BGB zum Stellvertretungsrecht (§§ 164 ff.) ergänzt werden. Die Prokura ist an bestimmte Formvorschriften gebunden und muss zum Beispiel ins Handelsregister eingetragen werden.
Der Umfang der Prokura ist gesetzlich genau festgelegt und im Außenverhältnis nicht beschränkbar. Darauf können Geschäftspartner vertrauen und müssen, anders als bei Handelsvollmachten, keine zeitlichen oder inhaltlichen Besonderheiten berücksichtigen. Der klare rechtliche Rahmen schafft Rechtssicherheit. Dank der umfänglichen Delegierung von Handlungsbefugnissen können Unternehmen schneller und flexibler auf die Herausforderungen im Geschäftsverkehr reagieren.
Arten der Prokura
Es gibt unterschiedliche Arten von Prokura, aus denen sich verschiedene Stufen der Allein- oder Gesamtvertretungsbefugnis ergeben.
- Einzelprokura
Der Prokurist darf den Geschäftsinhaber allein vertreten und in seinem Namen Geschäfte für das Unternehmen abschließen. - Gesamtprokura
Die Vertretungsmacht wird nicht an eine, sondern an mehrere Personen vergeben. Es existieren verschiedene Unterarten der Gesamtprokura, nach denen die Prokuristen entweder einzeln oder gemeinschaftlich handeln dürfen:
– Echte Gesamtprokura: Zwei oder mehrere Prokuristen vertreten den Geschäftsinhaber gemeinschaftlich. Sie können Entscheidungen nicht allein, sondern nur gemeinsam mit anderen Prokuristen treffen.
– Halbseitige Gesamtprokura: Diese ist eine Mischung aus Einzelprokura und echter Gesamtprokura. Es gibt einen oder mehrere Prokuristen, die das Unternehmen einzeln vertreten dürfen. Darüber hinaus werden weitere Prokuristen ernannt, die ihr Vertretungsrecht nur zusammen mit den Einzelprokuristen ausüben dürfen.
– Unechte Gesamtprokura: Der Prokurist darf das Unternehmen nur zusammen mit einem gesetzlichen Vertreter des Unternehmens (z. B. Vorstand bei GmbH) vertreten. - Filialprokura
Die Vertretungsmacht ist auf eine Filiale oder Niederlassung beschränkt. Möglich ist eine Filialprokura allerdings nur, wenn die entsprechende Niederlassung ein selbstständiges Unternehmen ist und sich hinsichtlich der Firmierung klar abgrenzt.
Welche Unternehmen können Prokura erteilen?
Die Vergabe einer Prokura ist an bestimmte Rechtsformen gebunden. Da nur ein Vollkaufmann sie erteilen kann, ist die Vergabe einer Prokura nur
- Personengesellschaften,
- Kapitalgesellschaften,
- eingetragene Genossenschaften und
- eingetragenen Kaufleute vorbehalten.
Privatpersonen (Nicht-Unternehmer), nicht im Handelsregister eingetragene Kaufleute und Kleinunternehmer dürfen keine Prokura erteilen.
Wer kann sie erhalten?
Unternehmer können Prokura an jede natürliche, voll geschäftsfähige Person erteilen. Als Prokuristen sind damit juristische Personen und deren Organe sowie Minderjährige ausgeschlossen.
In der Regel setzen Unternehmen ihre leitende Angestellte als Prokuristen ein. Grundsätzlich ist jedoch kein Anstellungsverhältnis erforderlich, um eine Prokura zu erteilen. Prokurist kann auch ein Familienmitglied des Unternehmers sein, ein Kommanditist, ein stiller Gesellschafter oder andere unternehmensfremde Personen, die ein Vertretungsrecht erhalten sollen.
Für Mitarbeiter ist der Erhalt der Prokura ein ganz besonderes Privileg, mit dem Unternehmer sie für ihre Loyalität und Integrität auszeichnen können. Sie gehört deswegen auch ins Arbeitszeugnis.
Was darf ein Prokurist – und was nicht?
Der Begriff Prokura stammt vom lateinischen “procurare”, was so viel bedeutet wie “für etwas Sorge tragen”. Prokuristen handeln also stellvertretend für ein Unternehmen. Sie dürfen grundsätzlich alle Arten von Rechtsgeschäften für den Betrieb vornehmen.
Prokuristen dürfen gerichtliche und außergerichtliche Geschäfte und Rechtshandlungen vornehmen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Anders als eine Handelsvollmacht ist eine Prokura nicht auf die branchenübliche oder gewöhnliche Geschäftstätigkeit begrenzt. Zudem geht sie über die reine Handelstätigkeit hinaus. Das heißt, ein Prokurist darf auch im Gebiet des öffentlichen Rechts Entscheidungen für ein Unternehmen treffen.
Ein Prokurist darf zum Beispiel
- Kreditgeschäfte abschließen,
- Personal einstellen und entlassen,
- Zweigniederlassungen errichten,
- neue Geschäftsbranchen erschließen,
- neue Unternehmen erwerben oder Unternehmensteile verkaufen,
- Grundbesitz kaufen, mieten oder vermieten oder
- Prozesse führen.
Das HGB begrenzt die Befugnisse von Prokuristen in folgenden Fällen:
1. Prokuristen dürfen keine Grundlagengeschäfte vornehmen, die den Bestand des Unternehmens betreffen. Dazu zählen beispielsweise:
- Handelsgeschäft einstellen
- Unternehmen veräußern
- Insolvenzantrag stellen
- Firma ändern
2. Prokuristen dürfen keine Handlungen vornehmen, die dem Inhaber höchstpersönlich obliegen. Also zum Beispiel:
- Bilanz unterzeichnen
- Prokura an Dritte erteilen
- Geschäfte mit sich selbst abschließen
- Über Privatvermögen des Unternehmers verfügen
3. Prokuristen dürfen zudem nur bestimmte Immobiliengeschäfte abschließen. Ohne eine sogenannte Grundstücks- oder Immobiliarklausel dürfen sie Grundbesitz und Immobilien weder veräußern noch belasten.
Prokuristen müssen beim Unterzeichnen von Geschäftsunterlagen auf die Prokura hinweisen. Sie unterschreiben unter der Firmenbezeichnung bzw. dem Firmenstempel mit ihrem Namen und einem entsprechenden Zusatz. Üblich sind das Kürzel “ppa” oder die Ergänzung “per Prokura”.
Prokura erteilen
Nur der Inhaber eines Unternehmens oder sein gesetzlicher Vertreter darf Prokura erteilen. Voraussetzung für die Erteilung ist die Kaufmannseigenschaft. Juristische Personen und Prokuristen sind von der Erteilung einer Prokura ausgeschlossen.
Zur Erteilung der Prokura ist eine persönliche, ausdrückliche Willenserklärung nötig. Diese kann mündlich oder schriftlich erteilt werden. Aus Beweisgründen sollten Unternehmer jedoch die Schriftform wählen. Die stillschweigende oder duldende Erteilung ist damit ausgeschlossen. Anders als bei einer Handelsvollmacht kann eine Prokura auch nicht durch konkludentes Handeln entstehen. Zudem ist eine Prokura (auch mit Zustimmung des Unternehmers) nicht übertragbar. Ein Prokurist kann seine Befugnisse also nicht an eine andere Person weitergeben.
Nachdem die Prokura erteilt ist, muss sie ins Handelsregister eingetragen werden. Für die Wirksamkeit hat die Eintragung jedoch keine Bedeutung. Die Eintragung ist deklaratorisch. Das heißt, die Prokura ist schon vor ihrer Eintragung mit ihrer Erteilung wirksam.
Die Abwicklung des Registereintrags erfolgt in der Regel über einen Notar, da sie eine notarielle Beglaubigung erfordert. Die Kosten dafür richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz. Sie sind abhängig von der Rechtsform des Unternehmens und dessen Geschäftswert.
Erlöschen der Prokura
Der Unternehmer kann eine Prokura durch Widerruf jederzeit wieder entziehen. Darüber hinaus gibt es weitere Tatbestände für die Beendigung der Prokura.
Die Prokura erlischt bei:
- Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Prokuristen
- Tod oder Geschäftsunfähigkeit des Prokuristen
- Einstellung des Gewerbebetriebs
- Auflösung der Gesellschaft
- Insolvenzeröffnung
Der Tod des Unternehmensinhabers führt dagegen nicht automatisch zum Erlöschen der Prokura. Sie ist an das Unternehmen gebunden und nicht an die Person, die sie erteilt hat.
Wichtig ist es, auch die Beendigung der Prokura unverzüglich im Handelsregister anzumelden. Gegenüber Dritten gilt die Prokura erst mit Eintragung bzw. Bekanntmachung im Handelsregister als erloschen.
Vorteile und Risiken
Die Prokura ist ein wichtiges rechtliches Instrument, das Unternehmer entlasten und Freiräume schaffen kann. Mit der Bevollmächtigung eines oder mehrerer Prokuristen lassen sich die vielfältigen unternehmerischen und rechtlichen Aufgaben auf mehrere Schultern verteilen. Die Delegation von Aufgaben erlaubt es Unternehmen, in der immer komplexer werdenden Geschäftswelt agil zu bleiben.
Auf der anderen Seite tragen Unternehmer mit einer Prokura zusätzliche Haftungsrisiken, da ihr Umfang in ihrer Wirkung gegenüber Dritten in keiner Weise eingeschränkt werden kann. Prokuristen haben weitreichende Handlungsbefugnisse und die abgeschlossenen Geschäfte sind rechtswirksam – auch wenn sie gegen die Weisungen des Unternehmers sind. Das Risiko für Fehlentscheidungen und Missbrauch liegt beim Unternehmer.
Aus der Eintragungspflicht können sich besondere Risiken bei Beendigung einer Prokura ergeben. Wegen der Publizitätswirkung des Handelsregisters können sich Geschäftspartner auf den Bestand der Prokura berufen, solange deren Beendigung nicht eingetragen bzw. veröffentlicht wurde. Prokuristen könnten also bis dahin weiter rechtswirksam Geschäfte mit Unternehmen abschließen, denen das Erlöschen der Prokura nicht anderweitig bekannt ist.
Fazit: Prokura entlastet Unternehmer bei wachsenden unternehmerischen Herausforderungen
In der heutigen Geschäftswelt ist es unerlässlich, ihre Vertretungsmacht zu delegieren und Verantwortlichkeiten klar zu regeln. Die Prokura ist ein bewährtes rechtliches Mittel, um ausgewählte Personen mit umfangreichen Befugnissen auszustatten. Dank der festgelegten rechtlichen Rahmenbedingungen kann die Prokura entscheidend zur Effizienz und Handlungsfähigkeit eines Unternehmens beitragen. Mit Blick auf die Risiken und Haftung sollten Unternehmer die Vergabe einer Prokura jedoch vorher sorgfältig prüfen.
Alle Angaben ohne Gewähr.
FAQs
Was bedeutet es, wenn man Prokura hat?
Als Prokurist haben Sie eine umfassende Vollmacht für ein Unternehmen. Sie dürfen alle Rechtsgeschäfte abschließen, die der Betrieb des Handelsgeschäfts mit sich bringt. Bis auf wenige gesetzlich genau festgelegte Ausnahmen können Prokuristen Entscheidungen treffen, die normalerweise der Geschäftsführung vorbehalten sind und das Unternehmen damit eigenverantwortlich vertreten.
Was darf ein Prokurist und was nicht?
Prokuristen dürfen alle gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen im Namen eines Unternehmens vornehmen. Anders als bei einer Handelsvollmacht sind die Entscheidungen nicht auf branchenübliche oder gewöhnliche Geschäftstätigkeiten begrenzt. Er darf allerdings keine Grundlagengeschäfte oder höchstpersönliche Geschäfte des Unternehmers vornehmen und Grundbesitz bzw. Immobilien weder belasten noch veräußern.
Welche Vorteile hat ein Prokurist?
Ein Prokurist handelt stellvertretend für das Unternehmen und kann den Geschäftsführer bei seinen immer komplexer werdenden Aufgaben unterstützen und entlasten. Durch die Delegation von Aufgaben und Befugnissen kann das Unternehmen schneller und agiler auf unternehmerische Erfordernisse reagieren. Die gesetzlichen Regelungen bieten – sowohl für den Unternehmer als auch seine Geschäftspartner – eine sichere Rechtsgrundlage für alle Entscheidungen.
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