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Alles zur Stichtagsinventur | BuchhaltungsButler
Alle Kaufleute, die der Pflicht zur doppelten Buchführung unterliegen, sind nach §240 HGB dazu verpflichtet, regelmäßig eine Inventur durchzuführen und so die Vermögensgegenstände und Schulden des Unternehmens in einem Inventar zu erfassen. Dies bildet die Grundlage für die Erstellung der Bilanz. Von den verschiedenen Möglichkeiten, eine Inventur durchzuführen, ist nicht jede immer möglich oder erlaubt. Wann Unternehmen eine Stichtagsinventur durchführen können oder sogar müssen, was dabei zu beachten ist und welche Vereinfachungen es gibt, erklären wir in diesem Beitrag.
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Was macht die Stichtagsinventur aus?
Die Stichtagsinventur ist die klassische Form der Inventur. Unternehmen können sie für die Ermittlung der Inventurbestände zu einem ganz bestimmten Tag durchführen: dem Bilanzstichtag.
Wenn Bilanz- und Kalenderjahr identisch sind, ist der Stichtag für die Inventur der 31. Dezember. Da die Erfassung aller Bestände an nur einem einzigen Tag bei vielen Unternehmen jedoch oft nicht möglich wäre, gewährt das Finanzamt einen Spielraum von 10 Tagen vor und nach dem Bilanzstichtag. In diesem Zeitraum darf die Inventur durchgeführt werden. Man spricht deshalb manchmal auch von einer zeitnahen Stichtagsinventur. Wichtig dabei: Bestandsveränderungen, die sich innerhalb dieser 10 Tage ergeben, müssen berücksichtigt werden und sind mit Buchung und Beleg nachzuweisen.
Wie funktioniert eine Stichtagsinventur
Die Stichtagsinventur kann mittels drei verschiedener Verfahren erfolgen:
- der körperlichen Inventur für materielle Vermögenswerte,
- der Buchinventur für immaterielle Vermögenswerte, Schulden und das Umlaufvermögen sowie
- der Anlageninventur für Vermögensgegenstände des beweglichen Sachanlagevermögens.
Welches Verfahren sich am besten eignet und ob ggf. eine Kombination nötig ist, hängt von der Größe des Unternehmens und der Art seiner Vermögensgegenstände ab.
Jede dieser Inventurformen zeichnet sich durch andere Merkmale aus. Bei der körperlichen Inventur werden die Vermögensgegenstände physisch durch Zählen, Messen oder Wiegen erfasst. Bei der Buchinventur erfolgt die Erfassung anhand von Belegen und bei der Anlageninventur anhand eines Anlagenverzeichnisses.
Eine Inventur muss nicht nur zum Schluss eines Geschäftsjahres erfolgen, sondern auch bei Geschäftseröffnung, -schließung und -übernahme.
Für bestimmte Güter ist nur eine Stichtagsinventur möglich
Es gibt Güter, für die eine Stichtagsinventur verpflichtend vorgeschrieben ist, denn nur sie liefert exakte und zuverlässige Zahlen. Gegenstände des Vorratsvermögens, die
- unkontrollierten Abgängen durch Schwund, Verdunsten, Zerbrechen oder Verderb unterliegen oder
- nach den jeweiligen Unternehmensverhältnissen besonders wertvoll sind,
dürfen keinesfalls mittels einer verlegten oder permanenten Inventur erfasst werden, da diese keine validen Bestände der oben beschriebenen Güter liefern.
Der Grund dafür liegt auf der Hand: Ein Vergleich der gezählten Waren mit den Sollbeständen aus der Lagerbuchhaltung deckt Verluste schnell auf und ermöglicht eine ordnungsgemäße Erfassung und Bewertung der Bestände.
Vor- und Nachteile der Stichtagsinventur
Vorteile | Nachteile |
Alle Bestände werden vollständig und stichtagsgenau innerhalb einer kurzen Zeitspanne erfasst | Hoher zeitlicher und organisatorischer Aufwand |
Keine Fortschreibung oder Rückrechnung notwendig | Termindruck |
Buchbestände können stichtagsbezogen kontrolliert werden | Zeitpunkt entspricht selten den betrieblichen Bedürfnissen (z. B. Urlaubszeiten) |
Liefert exakte und ausführliche Ergebnisse | Umsatzeinbußen durch Betriebsschließung bzw. Produktionsstillstand möglich |
Inventurwerte lassen sich direkt in die Bilanz übernehmen | Es können zusätzliche Personal- und Schulungskosten für externe Mitarbeiter anfallen |
Wie läuft eine Stichtagsinventur ab?
Eine Stichtagsinventur sollte man gut planen, denn sie ist mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden. Um die Erfassung aller Vermögenswerte innerhalb eines festgelegten Zeitraums bewältigen zu können, müssen Unternehmen in vielen Fällen Betriebsschließungen oder sogar Produktionsstillstände in Kauf nehmen. Oft werden für die Inventarisierung zusätzlich zu den eigenen Mitarbeitern externe Kräfte beschäftigt, die vorher erst gesondert geschult werden müssen.
Die eigentliche Bestandsaufnahme erfolgt normalerweise in Zweierteams, bei der eine Person zählt und die andere die Ergebnisse aufschreibt. Dabei sind die Bestände in örtlicher Reihenfolge aufzunehmen und noch an Ort und Stelle auf sogenannten Inventurprotokollen zu erfassen. Der Inventurleiter und evtl. zusätzliche Kontrolleure geben die Inventurprotokolle aus und kontrollieren den Rücklauf. Sie überwachen auch die verschiedenen Teams und nehmen gegebenenfalls Stichproben vor, um eine korrekte Bestandsaufnahme zu garantieren. Nach Abschluss der Bestandsaufnahme werden alle Daten zu einer Inventarliste zusammengefasst. Das geschieht in der Regel mit speziellen Inventurprogrammen.
Unternehmer sollten die Inventur so detailliert wie möglich dokumentieren, um einen ordnungsgemäßen und korrekten Ablauf nachweisen zu können. Andernfalls kann das Finanzamt den Jahresabschluss aberkennen und den Gewinn des Unternehmens schätzen. Alle Aufzeichnungen, also Unterlagen zur Planung und Durchführung sowie die einzelnen Inventurprotokolle sind 10 Jahre lang aufzubewahren.
Tipps für eine reibungslose Inventur
Eine Inventur ist nur ordnungsgemäß, wenn durch die ordnungsgemäße Durchführung eine vollständige und korrekte Erfassung aller Vermögensgegenstände sichergestellt werden kann. Gerade bei der Stichtagsinventur ist eine gute Planung und Vorbereitung unerlässlich. Damit alles rund läuft, haben wir hier einige Tipps zusammengestellt:
- Klare Zeitplanung: Je nach Art und Größe des Betriebs kann die Inventur mehr oder weniger Zeit in Anspruch nehmen. Während der Bestandsaufnahme dürfen keine Güter bewegt oder entnommen werden. In der Regel wird der Betrieb deswegen geschlossen und möglicherweise auch die Produktion gestoppt. Natürlich sind die Ausfallzeiten auch für Lieferzusagen an Kunden zu berücksichtigen.
- Inventurbereiche vorbereiten: Lager und Verkaufsflächen sollten übersichtlich vorbereitet sein. Dazu gehört es vorab
– gleichartige Artikel zusammenzustellen, abzugrenzen und gut erkennbar anzuordnen,
– defekte, beschädigte oder verdorbene Waren zu separieren,
– die korrekte Kennzeichnung der Artikel zu überprüfen,
– die Aufnahmebereiche zu kennzeichnen oder
– den Artikeln das korrekte Aufnahmeverfahren (zählen, messen, wiegen) zuzuordnen. - Hilfsmaterialien vorbereiten: Die wichtigsten Mittel, mit denen die Bestandsaufnahme erfolgt, sind zunächst Papier und Stift, in vielen Fällen sind auch Taschenrechner, Steighilfen oder Kisten sowie Erfassungsgeräte wie Scanner nützlich oder sogar unerlässlich.
- Inventurunterlagen vorbereiten: Damit die eigentliche Erfassung schnell und reibungslos vonstatten geht, sollten schon vor der Inventur schriftliche Inventuranweisungen für die Mitarbeiterschulungen, fortlaufend nummerierte Inventurprotokolle mit Ausfüllanweisungen sowie Ausgabe- und Rückgabelisten ausgearbeitet sein, um die vollständige Bestandsaufnahme zu kontrollieren.
- Korrekte Zählung: Die Aufnahme des Warenbestands erfolgt von links nach rechts und von oben nach unten. Beim Messen und Wiegen wird kaufmännisch abgerundet. Bereits aufgenommene Waren werden gekennzeichnet, um Doppelzählungen zu vermeiden. Protokolle sind vollständig und leserlich auszufüllen.
- Abschließende Kontrollen: Bei Rückgabe der Inventurprotokolle an den Inventurleiter ist zu prüfen, ob diese gut lesbar und vollständig sind, also auch Uhrzeit sowie Namen und Unterschriften der Aufnehmer und Prüfer enthalten. Wenn die Protokolle für alle Inventurbereiche vorliegen, sollte in einem örtlichen Rundgang gegengeprüft werden, ob alle Bereiche als aufgenommen markiert wurden.
Inventur einfacher gestalten – das ist erlaubt
Da die Aufnahme aller Bestände an nur einem Tag sehr aufwändig sein kann, sieht das HGB Möglichkeiten vor, mit denen man das Verfahren vereinfachen kann (§241 HGB). Das geht allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Mit einer zeitlich verlegten Inventur kann die Bestandsaufnahme bis zu drei Monate vor dem Bilanzstichtag bzw. zwei Monate nach dem Bilanzstichtag erfolgen. Dem muss das Finanzamt jedoch zustimmen. Bei der permanenten Inventur können Bestände über das gesamte Jahr hinweg mit einer adäquaten Lagerbuchhaltung geführt werden. Sie können dann einmal jährlich zu einem beliebigen Zeitpunkt überprüft werden. Die Bestandsaufnahme im Stichprobenverfahren ist erlaubt, wenn es der ordnungsgemäßen Buchführung entspricht und die korrekte Bestandsermittlung sicherstellt.
Fazit: Stichtagsinventur exakt, aber aufwendig
Die Inventur ist gesetzlich für alle bilanzierenden Unternehmen vorgeschrieben und dient der Vorbereitung auf den Jahresabschluss. Mit der Stichtagsinventur kann ein Unternehmen am Bilanzstichtag die Bestände in einer Bestandsaufnahme festhalten. Eine Abweichung von maximal 10 Tagen davor oder danach ist dabei erlaubt. Das Planen und Durchführen einer ordnungsgemäßen Stichtagsinventur ist mit einem hohen organisatorischen Aufwand verbunden. Deswegen lohnt es sich für viele Unternehmen zu prüfen, welche Inventurvereinfachungsverfahren für sie in Betracht kommen.
FAQs
Welche Vorteile hat die Stichtagsinventur?
Die Stichtagsinventur liefert besonders exakte Ergebnisse, da sie alle Bestände an einem Tag vollständig erfasst. Dies ermöglicht eine stichtagsbezogene Bestandskontrolle ohne Fortschreiben oder Rückrechnen. Auf diese Weise können die ermittelten Inventurwerte direkt in die Bilanz übernommen werden.
Welche Nachteile hat die Stichtagsinventur?
Die Stichtagsinventur ist mit hohem Planungs- und Organisationsaufwand verbunden. Sie lässt sich zeitlich nur bedingt an die Unternehmensbedürfnisse anpassen und unterliegt einem gewissen Zeitdruck. Durch Betriebsschließungen, Produktionsstillstand und Unterstützung externer Mitarbeiter können zusätzliche Kosten entstehen.
Wie läuft eine Stichtagsinventur ab?
Eine Stichtagsinventur kann als körperliche Inventur, Buchinventur oder als Anlageninventur durchgeführt werden. Abhängig davon werden Bestände physisch, mittels Belegen oder anhand eines Anlagenverzeichnisses erfasst. Die Bestandserfassung kann zeitlich um bis zu 10 Tage vor oder danach verlegt werden (zeitnahe Sichtagsinventur).
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